Seit meiner Teenager-Jahre habe ich eine ganz bestimmte Eigenheit an mir bemerkt: Ich verändere ständig meine Wohnsituation. Möbel werden verschoben, Dekorationen ausgetauscht, Wände neu gestrichen und gelegentlich kaufe ich neue Möbelstücke. Doch warum tue ich das? Warum verspüre ich ständig den Drang, meine vier Wände neu zu gestalten? Die Unzufriedenheit lässt sich nicht umräumen, oder doch?
Unzufriedenheit.
Ich habe festgestellt, dass ich meine Wohnung immer dann verändere, wenn ich unzufrieden bin – nicht unbedingt mit der Wohnung selbst, sondern mit meiner Gesamtsituation. Es ist wie ein impulsiver Drang. Wenn ich mich nicht gut fühle oder etwas mich nervt oder stresst, bemerke ich plötzlich Hunderte von Dingen in meiner Wohnung, die ich nicht mehr ertragen kann.
Einfache Veränderungen.
Ich glaube, dass diese Veränderungen in meiner Wohnung weniger mit der Wohnung selbst zu tun haben, sondern viel mehr mit meinen eigenen Gefühlen, meiner Stimmung und ungelösten Problemen. Etwas belastet mich und ich möchte es ändern – sofort. Doch die eigentliche Veränderung wäre zu aufwändig, zu anstrengend, zu traurig, zu enttäuschend und zu frustrierend. Oft ist das zugrunde liegende Problem zu komplex, um es auf einmal zu lösen. Veränderungen an unserem Inneren mögen wir im Allgemeinen nicht – zumindest keine Veränderungen, die unser Leben in der Tiefe umkrempeln könnten. Veränderung bedeutet Unsicherheit und Angst und das wollen wir nicht. Deshalb ändern wir äußere Dinge, wie unsere Wohnungseinrichtung. Einige von uns verändern vielleicht auch ihr äußeres Erscheinungsbild – neue Frisur, neue Kleidung oder neue Schuhe. Ich habe das früher auch gemacht. Wenn ich unzufrieden mit meinem Leben war, ging ich in einen Laden und kaufte mir etwas, das mich für kurze Zeit glücklich machen sollte, nur um mich von meinem eigentlichen Problem abzulenken. Doch Unzufriedenheit lässt sich nicht einfach durch Umgestaltung überwinden, und hier beginnt das eigentliche Problem.
das wohnfühlprinzip.
Unsere vier Wände spiegeln viel über uns wider – die Farben, das Holz, die Bilder, die Bücher und so weiter. All diese Elemente erzählen viel über unsere Persönlichkeit und unsere aktuelle Lebenssituation. Ich betrachte die Wohnungen anderer Menschen sehr genau und kann oft sofort einschätzen, ob ich mich dort wohlfühlen würde und welche Art von Person dort lebt.
Wahrscheinlich ist euch aufgefallen, dass eure Gefühle und Sympathien für eine Person oft mit ihrer Einrichtung korrelieren. Freunde haben oft einen ähnlichen Einrichtungsstil. Bekanntschaften oder mögliche Liebespartner:innen bleiben einfach oft auch nur Bekanntschaften, weil wir uns ein Zusammenleben mit deren Wohnung nicht vorstellen können. Das mag oberflächlich klingen, aber in Wirklichkeit ist es gar nicht so unbedeutend.
Im Grunde genommen verspüren wir eine tiefe Unzufriedenheit, wenn wir ständig Möbel verschieben, Wände streichen und neue Dinge kaufen. Wir haben das Gefühl, dass sich etwas ändern muss! Wenn wir dann tatsächlich die Wohnung umgestalten, etwas Neues einrichten oder die Wände neu streichen, löst das ein neues Gefühl aus – ein Gefühl des Glücks. Wir fühlen uns automatisch besser – zumindest für einen kurzen Moment. Dieser Moment dauert jedoch nur so lange, bis wir uns erneut mit unserem eigentlichen Problem oder unseren Problemen beschäftigen. Es ist ein Teufelskreis.
schnelllebigkeit.
Unsere Lebensweise ist heute viel schnelllebiger als noch vor einigen Jahren. Alles muss immer neu, besser, größer, teurer, schneller und spektakulärer sein. Das betrifft nicht nur die Einrichtung. Es betrifft Beziehungen, Jobs, Reisen, Mode und vieles mehr.
Soziale Medien bombardieren uns ständig mit Neuigkeiten, Trends und schönen, perfekten Menschen und auch Dingen. Ich glaube, dass dies ebenfalls eine Rolle spielt, aber es ist nur ein weiteres „Symptom“ des eigentlichen Problems. Unser Blick muss nach innen gerichtet werden. Glück, Zufriedenheit, Ruhe, Gelassenheit und Liebe finden wir niemals im Außen, sondern in unserem Inneren.
Doch wie lässt sich dieser Zustand verändern?
Ich selbst „leide“ unter diesem Zustand und habe für mich folgende Schritte erkannt:
- Nichts überstürzen und abwarten.
- Das „Ich-muss-sofort-umräumen-Gefühl“ oder „Ich-muss-das-kaufen-Gefühl“ aufschreiben.
- Reflektieren: Warum fühle ich mich nicht gut? Was stört mich derzeit? Was macht mich traurig, wütend oder löst Stress bei mir aus?
- Den Blick nach innen richten und sich die Frage stellen: Brauche ich das wirklich? Würde es mein Leben verändern? (Die Antwort ist wahrscheinlich nein.)
- An dem eigentlichen Problem arbeiten.
Darüber hinaus kann es hilfreich sein, Zeit in der Natur zu verbringen, Yoga zu praktizieren, zu meditieren, mit Freunden zu sprechen oder bei tief sitzenden Problemen professionelle Hilfe von einem:einer Psychologen:in in Anspruch zu nehmen.
Ich bin zutiefst überzeugt davon, dass Unzufriedenheit nicht durch Veränderungen im äußeren Umfeld behoben werden kann. Hast du ähnliche Empfindungen erlebt oder Erfahrungen mit diesem Thema gemacht? Ich freue mich darauf, mich mit dir auszutauschen.
Liebe Grüße Nina
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Liest sich wie eine Seelenverwandte….
Es ist anstrengend….vllt tatsächlich ein Weglaufen vor Ängsten und Problemen…
24/7 gehetzt……
Guten Morgen Gaby und danke für deine Nachricht.
Ja das könnte sein – ich denke, es ist wie ein Überschatten von einem Problem.
Sich ablenken und für einen kurzen Zeitraum wieder fröhlicher machen.
Alles Liebe Nina
Danke für deinen Post! Ich dachte immer ich bin die Einzige der es so geht. Früher hab ich mich ständig verändert (Haarfarbe, Frisur, Klamotten etc) und mittlerweile ändere ich ständig etwas in der Wohnung um. Deko wird umgestellt oder komplett getauscht, Teppiche werden in den Keller gebracht um neue Teppiche auszurollen, die Farben an den Wänden werden jährlich neu und völlig gegensätzlich zur bisherigen Farbe verändert und auch Möbel gefallen mir nicht auf Dauer.
Ich denke tatsächlich auch dass ich mit mir selbst nicht zufrieden bin und du hast völlig recht, dass die wichtigen Veränderungen zu langwierig sind und zuviel Emotionen fordern. Also räumt man nicht seine Seele auf, sondern die Wohnung…
Immerhin fühle ich mich jetzt nichtmehr allein damit 🙂
Hallo Anja!
Bitte gerne 🙂 und es gibt mit Sicherheit sehr viele Menschen, die genau diesen „Tick“ haben.
Grundsätzlich ist es ja auch nichts Schlimmes, aber wenn man mal genauer hinsieht, dann erkennt man hier ein schönes Muster.
Habe damit auch noch meine „Probleme“, versuche jedoch mich selbst davon abzuhalten „ständig“ umzugestalten und mehr im Inneren aufzuräumen, anstatt in meinen eigenen vier Wänden.
Liebe Grüße Nina 🙂
Hallo Nina,
das Problem liegt tiefer. Die Wohnung ist da nur eine Ablenkung. Aber da gibt es schlimmeres. 🙂 Versuche mit jemandem zu Reden, dabei lösen sich Blockaden und es kommt etwas hervor. Dem musst du dich dann Stelle. Meist etwas aus der Kindheit. Aber das Leben geht weiter. Wenn ich deine Blog so sehe, legst du sehr viel wert auf detailreiche und sehr ausdrucksstarke Bilder. Mach das so weiter. 🙂
Ich habe wirklich gedacht, ich stände mit dem Problem alleine da- habe mich kaum Jemandem anvertraut, weil mir die abwinkenden schmunzelnden Kommentare irgendwann auf die Nerven gingen. Gerade in diesem Moment, wo ich nach genau 3 Tage wieder am Umräumen bin habe ich mein Problem in die Google-Suche eingegeben und stoße gleich auf diesen Beitrag. Ich erkenne mich komplett wieder. Auch der Wunsch das Land zu verlassen ist sehr stark. Er dominiert beinahe alles. Da das auf längere Zeit nicht möglich sein wird verlagere ich das Problem auf die Wohnung- fühle mich laufend wie eine Gehetzte, weil ich einfach nie lange zur Ruhe komme.
Danke für den Beitrag
Meine Mutter hat dieses Problem! Ich würde gerne mit ihr über ihre unzufriedenheit reden, aber sie will nicht offen reden! Da ich das Leben meiner Mutter kenne, weis ich was die Ursachen sind! Natürlich würde sie negieren! Wenn man im Leben Entscheidungen selbst oder jemand anders (Mutter) getroffen hat, dann fühlt sich das nicht gut an, für sich selbst! Das Leben sollte man, selbst in eigenen Händen haben und niemandem erlauben sich einzumischen! Ich würde ihr gerne helfen, aber man kann nur jemandem helfen, der Hilfe will! Sie rückt ihre Möbeln jeden Tag, ich habe das Gefühl, ich komme jedes mal zu jemand anderem! Zu Hause ist da wo man sich wohl fühlt und glücklich ist! Das war sie nie…… traurig aber wahr!
Ich würde auch so gerne ans Meer ziehen, weil mich die Großstadt einfach krank macht mit dem Lärm, Stress und Dreck. Kann ich leider nicht und renoviere stattdessen unser Haus und räume um.
Keine Ahnung, warum ich mich hier nicht zu Hause fühle, aber das Problem habe ich schon von Anfang an gehabt in diesem Haus und leider kann ich als Mutter und Ehefrau nicht einfach so die Koffer packen und abhauen.
Liebe Glorina!
Danke für deinen Kommentar und deine offenen und ehrlichen Worten.
Hmm..verzwickte Lage und voll verständlich.
Ist die Möglichkeit für einen Umzug der gesamten Familie ans Meer oder in Meer-Nähe nicht möglich?
Oder ein anderes Haus bzw. ein anderer Wohnort?
Alles Liebe Nina
mir gehts genauso. bzw ging – seit ich Therapie mache und Medikamente nehme, fällt es mir leichter, mich auf die wesentlichen Probleme zu konzertieren. aber ich kann aus Erfahrung sagen, dieses ständige umräumen ist einfach nur eine qual und sie löst KEIN Problem